
5 gute Gründe deine Kleidung ab jetzt selbst zu nähen
Ich will das nicht mehr.
Diesen Gedanken hatte ich vor etwa 15 Jahren und vielleicht geht es dir ja ähnlich. Haare schwarz, Klamotten schwarz, Wände schwarz, Gedanken bunt.
Neue Kleidung kaufen war sowohl für mich als auch für meine Mutter der Horror. Mir gefiel nichts, oder nur sehr wenig.
Wie kann man das ändern? Ich machte mich auf die Suche in einem doch sehr sehr anderem Internet von 2005 und fand die Lösung in einem (damals) Oma-Hobby: selbstgenähte Klamotten!
Nach und nach wurde mir klar, dass ich auf meinen persönlichen heiligen Gral gestoßen bin. Diese Freieit, diese Anarchie, ich kann machen was ich will! Ich näh mir das jetzt selbst, Mama!
Es liegt mir einfach am Herzen die Vorteile und Errungenschaften von selbstgenähter Kleidung nochmal zu beleuchten, weil ich fest daran glaube, dass sie so viel bewirkt – bei dir selbst, bei mir und bei allen anderen eigentlich auch.
Deine gewünschte Qualität

Qualität ist etwas, was man heute teilweise vergeblich sucht. Zumindest in den einschlägigen Geschäften deutscher Fußgängerzonen. Der Preis eines Kleidungstücks ist nämlich nicht sehr ausschlaggebend.
Jetzt kommts, wie wäre es, wenn man Stoff und Verarbeitung soweit beeinflussen kann, dass etwas wundervolles und haltbares dabei herauskommt? Einfach nähen!
Mittlerweile ist es natürlich auch in der Nähszene schwieriger geworden guten Stoff von schlechten Stoff zu unterschieden. Darauf werde ich nochmal an anderer Stelle eingehen. Soviel sei aber gesagt, bei der Verarbeitung kann man nur gewinnen, wenn man etwas Zeit und Geduld investiert.
Wer kennt nicht die verdrehten Seitennähte eines Shirts oder einer Hose? Eigentlich ist das von der Industrie ja auch gar nicht so schlecht gemeint. Nur schlecht gemacht… Die Schnittteile werden auf den langen Stoffbahnen etwas gedreht, um Stoff zu sparen. Natürlich auch, um noch mehr Stoffausbeute zu haben und so Geld zu sparen. Dabei hat der Fadenlauf leider das Nachsehen, er sollte ja immer parallel zur Webkante verlaufen, und liegt nun nicht mehr gerade…
Und weil die Seitennaht am Bauchnabel eben nicht schick aussieht landet das Teil nach ein paar mal Tragen unter Umständen im Müll. Not cool.
Was versteht man überhaupt unter Qualität? Das ist bei jedem wahrscheinlich etwas anders. Aber im Großen und Ganzen suchen wir doch langlebige Kleidungsstücke, die auch Jahre später noch gut aussehen. Um dies zu erreichen braucht man hochwertige Zutaten, eine gute Verarbeitung und eine angemessene Pflege.
Die Pflege hast du (meist) ja schon selbst in der Hand.
Hochwertige Verarbeitungen sind solche Dinge wie Rechts-Linksnähte, Belege, unsichtbar angehängte Säume, aber auch glatte Nähte mit gleichmäßigem Stichbild. Eben alles, was nicht mal eben “mit der heißen Nadel” und der Uhr im Nacken genäht werden kann.
Also, die Parameter für Langlebigkeit und gutes Aussehen kann man bei DIY Kleidung schon im Vorhinein selbst beeinflussen. Außerdem weiß man 100%ig, was für Stoffe, Nähfäden und Accessoires verarbeitet werden.
Deine Perfekte Passform

Deine neue Jeans sitzt perfekt. Ist nicht zu eng am Bein und nicht zu weit am Bauch. Und der Stoff, fühlt sich toll und stretchy an.
Du hast DIE Hose gefunden… nur um dann festzustellen, dass das Modell nach zwei Jahren nicht mehr hergestellt wird… boom!
Jeder der in diesem furchtbaren Umkleidekabinenlicht schon nach der Passform geschaut hat, weiß, meist sieht das zu Hause irgendwie anders aus.
Beim Nähen gehen wir da anders ran. Größen? Existieren in Schnittmustern nur, um in etwa die richtige Ausgangsgröße zu finden.
Deine gerade Schulter? Kein Problem. Asymmetrische Hüfte? Bekommen wir hin! Okay, der erste Rock ist vielleicht noch nicht perfekt, aber mit der Zeit lernt man seinen Körper auch von der schnittechnischen Seite kennen. Was auch irgendwie eine Art Body positivity ist! Scheiß doch auf die von Label zu Label unterschiedlichen Größen und mach dir deine eigene.
Ich ändere fast jedes Schnittmuster auf meine persönlichen Wuchsabweichungen (ja, so heißt das. Nein, das ist nicht schlimm) und Maße ab. Bei manchen braucht es mehr Anpassung, bei anderen weniger.
Dein Style
Mach
dein
Ding
DER Grund, weshalb ich mit dem Nähen angefangen habe.
Und immernoch fasziniert mich der Gedanke machen zu können,was ich will. Nähen ist Punk! Mit gewissen Grenzen, die Modell und/oder Stoff setzen natürlich, wär ja auch zu schön gewesen…
Machen wir uns nichts vor, jeder will doch einzigartig sein. Jeder ist ja meinetwegen auch einzigartig. Und durch unsere Kleidung signalisieren wir das am einfachsten, weil sie das ist, was wir als erstes und vom Weitem wahrnehmen.
Auch vom Nahen bewerten wir, teilweise unbewusst, nach dem Outfit unseres Gegenübers. Oh, ich saß mal einem Notar gegenüber, der ein richtig zerfressenes Hemd anhatte. Alle Säume waren abgewetzt, das ganze Ding gräulich. Danach war ich einfach super enttäuscht, machte dieses Hemd doch seine ganze bildliche Professionalität zunichte.
Wir drücken damit eine Zugehörigkeit aus oder grenzen uns bewusst ab. Was war die Freude groß, als ich endlich viele, viele schwarze und mit rotem leopardenmuster bedruckte, nietenbesetzte Röcke und Oberteile nähen konnte. Natürlich gab es damals auch schon Onlineshops für Goth und Punk-Kleidung, aber die war mir teilweise zu übertrieben und einfach auch zu teuer.
Ich war also ein Stück weit unabhängig von lästigen Klamottenläden geworden und genau das lud mich zum experimentieren ein.
Unsere Umwelt
Okay, sorry, dass das hier nicht nur Friede, Freude, Motivation ist. Aber ich will, dass alle wissen: die Bekleidungsindustrie gehört zu den dreckigsten auf der Welt.
Ein tolles Buch zu dem Thema ist dieses hier. Durch “Dreimal Anziehen, weg damit” von Heike Holdinghausen habe ich nochmal sehr viel Hintergrundwissen und vor allem Zahlen über die Bekleidungsindustrie erfahren.
Ja, auch Stoffe und Zutaten müssen hergestellt werden, aber bei weitem nicht so eine schiere Masse wie bei den großen und kleinen Fast Fashion-Herstellern.
Außerdem regt sich, wie ich finde, auch in der Nähszene immer mehr die Tendenz zu nachhaltigen und fairen Stoffen. Wobei wir nochmal auf die Qualität zurückkommen können. Die Leute wollen anscheinend hochwertigere, umweltverträglichere Stoffe, ohne Pestizidrückstände oder anderen dubiosen Ausdünstungen. Darüber hinaus auch noch faire Bezahlung und Behandlung der Arbeiterinnen und Arbeiter, die die Ware herstellen. Und das ist verdammt gut so!
Dein Erfolg
“Das hast du selbstgemacht?!”
Selbst nach Jahren und auch wenn mein Umfeld größtenteils weiß, was ich mache kommt diese ungläubige Frage immer wieder, wenn ich selbstgenähte Sachen trage.
Und immernoch freut mich das!
Ich finde man trägt selbstgenähte Sachen auch einfach anders. Viel stolzer und selbstbewusster.
Aber auch, wenn mal was nicht so läuft und du die Nähmaschine am liebsten aus dem Fenster geworfen hättest. Du hast dich durchgekämpft und das Ding zu Ende genäht! Sei stolz, du kannst etwas, das viele Leute nicht können! Du kannst deine Kleidung selbernähen!
Puh, war das motivierend? Ich hoffe, dein Kopf läuft gerade heiß mit neuen Nähideen! Hab ich was vergessen? Was war denn dein auschlaggebenster Punkt mit dem Nähen anzufangen?
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